Montag, 26. Februar 2007

Understatement

Zeit für positive Töne: Noch ein Posting für heute.

Wenn man seine Zeitgenossen heutzutage so beobachtet, fällt stark ins Auge, dass immer mehr "nach aussen hin" zur Schau gestellt wird. Jeder spielt Pfau und schwingt sein Rad, bis zu grotesken Gebahren von wirklich offensichtlich gefälschten Chaneltaschen und durch falsche Lenkradeinstellungen ("sollte nach aussen wie ein Sportlenkrad aussehen") gebrochenen Handgelenken. Boah, ich bin so cool! Ich bin voll der Checker! Und die Twingofahrerin mit glitzernden Playboyhäschen auf der Karre unterstreicht ihr Pfauenrad mit riesigen "Princess"-Schriftzügen in sämtlichen Autofensterscheiben.
Komischerweise rüscht sich gerade die Unterschicht immer mehr auf, man möchte jedem dieser Pfauen, den man sieht "Whoa geil, Du warst ne Woche in der Türkei und hattest noch 50 Euro für ne Handtasche/Lederjacke über!" zurufen.

Während die wirklich "reichen" (neureiche ausgenommen) und gut verdienenden immernoch möglichst unscheinbar daherkommen.
Der Kleidungsdiscountpionier, der immernoch im normalen EFH wohnt, und sich wahnsinnig schämt, als herauskommt, dass er sich zum Spaß einen Zeppelin gekauft hat. Sein Sohn, der sein eigenes Geschäft aufzog und A6 avant und 3er Cabrio fährt. Der Optikmillionär, der vom Mechaniker einer Autowerkstatt einem alten 3er statt dem 850csi zugeordnet wird. Die Marriott-Schwestern, die das totale Gegenteil der Hilton-Blagen sind. Die 540i oder M5-Fahrer (alt aber bezahlt!), die den 518i-Modellschriftzug aufs Heck kleben und (mit Waschmaschine und Trockner beladen) hippe Pfauenkleinwagen versägen.
Die ausgelatschten Timberlands (a.k.a die Doc Martens der vornehmen Gesellschaft) und die schon fast mauerblümchenschlichten Kaschmircardigans, in denen es sich so wunderbar über die in weißen Polyurethan-Pornostiefeln dahinstolp...stolzierenden Pfauenweibchen mit den winzigen Handtäschchen und dem obligatorischen Haarspraycephalus lachen lässt.
Der Fremdwortschatz, mit dem man Pfauenweibchen "Dijanah" für ihren "hach, sooo plejebisch!" klingenden Namen loben kann - welche sich dann auch noch freut wie eine Schneekönigin in der Aservatenkammer. Und der Pfauenschuppen, in dem der Barkeeper (mit Teewärmer auf dem Kopf) nichtmal weiß, ob der Kaffeevollautomat den Latte Macchiato richtig gemacht hat.

Wirklich stark ist, wer nicht mitmacht - wie bei den rauchenden Teenies. Pfauen erkennen das manchmal, wenn sie "nur tote Fische schwimmen mit dem Strom" sagen und "ich komm mir grade wie etwas besonders tolles vor" meinen.

Übrigens: die Milch war alle.

Arbeitsanekdoten

Eigentlich ist der Wartesemesterrumkriegjob bei BK ja ganz in Ordnung...
solange man mich in der Küche lässt. Aber irgendwer findet es einfach besser, mich an die Kasse zu versetzen. Als zynische und impulsive Soziophobikerin bin ich wie geschaffen dafür, freundlich zu bleiben, wenn die Kundschaft rumzickt. Wenn die Kundschaft mich anzickt wo die Burger bleiben, weil in der Küche sämtliche Tranfunzeln zur Stoßzeit eingeteilt wurden. Und das ist noch nicht alles: Die fetten Leute mit den fetten Kindern! Cola, Fanta, Majo, Tschiisbürger (ich kaufe zwei Umlautpunkte), alles hört sich so dadaistisch an. Als wäre man auserkoren, imbezile zu Verköstigen. Sogar Ketchup und Latte Macciato hören sich mittlerweile an wie Sternekreationen, die den Artkulationsfähigen vorbehalten sind. Vielleicht sollte ich mal "Pommes de terre an einer Tomatensaucenvariation" anbieten. Wenn die Kundschaft das dann nicht versteht, schick ich sie zur Konkurrenz, deren Pommes de terre laut Stiftung Warentest erhöhte Acrylamidwerte aufweisen. (Hah, BK war Testsieger!)

Okay, die dadaistischen Lautäußerungen sind nicht alles:
"Triple Whopper...mit Käse... Mayo zu den Pommes.... als Maxi Menü... und ne große...COLA LIGHT!" ... seufz! Vielleicht sollte ich bei den TriWhoChPoMayoMaxi-Panzern mal die Salatschale statt Pommes anbieten...?
Niedlich sind auch die Eltern die ihren Kindern die Cola verbieten. Ausser dem Koffein, welches besonders Tagsüber eigentlich nichts ausmacht, unterscheidet es sich ja nicht von den anderen Softdrinks. Und das Junkfood erstmal... wie Junkies auf Entzug gehen die kleinen ab, wenn sie nach "Hamburger, Cheeseburger oder 4erNuggets?" gefragt werden. Gut dass es hierzulande keine McDonalds-Zeichentrickserie gibt, mit dem meine Kinder schon beim Fernsehen auf Junkfood getrimmt werden. Sollte "essen gehen" nicht immer was besonderes sein? Und ist es etwas besonderes, in einem sterilen, lauten Glasbau zu hocken, in dem man mit dem neusten Pop- und Technokitsch berieselt wird, während man umgeben von lärmenden Menschen sein Akkordgefertigtes Essen geniessen will? Geniessen! Wenn schon so ungeduldig und hektisch, warum dann nicht gleich Astronautenkostzapfsäulen? Magensonde und Druckbetankung in einer Minute.







Ich glaub meine Kinder bekommen nur Biokost. Ohne "Pimp my Ride"-Optik (schonwieder dadaismus!) Spielzeugautos.
Kann mal jemand ne Bio-Fastfoodkette ohne "Popnutten schütteln ihre Lungenflügel zu dadaistischen (...) Lautäußerungen von Übergrößenträgern"-TV eröffnen? Danke.